• Heilige Schriften und Offenbarungen
Für alle Mormonen ist das Buch Mormon die Grundlage ihrer Religion. Darin wird geschildert, dass Jesus Christus nach seiner Auferstehung auch in Amerika erschienen sei, um hier eine Kirche zu gründen. Neben der Gründungsurkunde, dem Buch Mormon, spielen noch weitere Visionen Smiths und seiner Nachfolger eine wichtige Rolle. Sie sind in den Büchern „Lehre und Bündnisse“ sowie „Die köstliche Perle“ dargelegt.
Die Bibel spielt dagegen eine untergeordnete Rolle. Sie wird als fehlerhaft überliefert betrachtet und muss nach Ansicht der Mormonen durch weitere göttliche Offenbarungen ergänzt und berichtigt werden.
Dazu gehören auch die Offenbarungen, die der Präsident der HLT als „lebender Prophet“ empfängt. Diese Offenbarungen sind nach Überzeugung der Mormonen allen bisherigen Offenbarungen übergeordnet, auch dem Buch Mormon.
• Mensch und Gott
Mormonen glauben, dass alles Sein und Werden einem unveränderlichen, universellen „Gesetz des immerwährenden Fortschritts“ (Law of eternal progression) unterworfen ist. Dieses Gesetz gilt sogar für Gott.
Die christliche Vorstellung des einen dreifaltigen Gottes lehnen die Mormonen ab. Stattdessen sehen sie in Gott Vater, Sohn und Heiligem Geist nicht den einen Gott, sondern drei verschiedene Gottheiten. Gott war nach Lehre der Mormonen nicht von Anfang an Gott, sondern vor unendlich langer Zeit ein unvollkommener und sterblicher Mensch, der sich durch das „Studium der kosmischen Gesetze“ zur Gottheit emporgearbeitet hat. Seine menschliche Gestalt veränderte sich dabei allerdings nicht: Gott ist immer noch ein Wesen mit „Fleisch und Bein, Gliedmaßen und Emotionen“ und residiert auf dem Planeten „Kolob“ in der Sternengruppe der „Kokaubeam“.
Vor ihrer Geburt haben die Menschen nach Vorstellung der Mormonen als Geister bei Gott Vater gelebt. Damit die Menschen Gott gleich werden können, habe Gott den Plan aufgestellt, der es den „Geistern“ ermöglicht, auf die Erde zu kommen. Während des Erdenlebens besteht für den Menschen daher die Möglichkeit, durch strenges Einhalten der Gebote, die für die Mormonen verbindlich sind, Gott ähnlich zu werden. Dies geschieht nach dem Tod. Nach dem Aufenthalt in einem Zwischenreich (Geisterwelt) und der Auferstehung leben die Menschen in einem vollkommenen unsterblichen Körper in der „celestialen Herrlichkeit“.
Der frühere Mormonenapostel Melvin Ballard (1873–1939) erklärt dazu in seinem Buch „Die drei Grade der Herrlichkeit“: „Das Gottwerden liegt in der Reichweite jedes Menschen; aber nur die werden es erlangen, die den Preis bezahlen, die Prüfung bestehen und sich als würdig erweisen, indem sie alle Vorschriften und Bedingungen erfüllen“. Mit „Prüfung“ ist hier die Zulassung zum Tempeldienst gemeint.
• Taufe und Tempeldienst
Die Mormonen vollziehen die Taufe bei Kindern ab acht Jahren. Wer als Erwachsener Mormone wird, wird ebenfalls getauft. Die Taufe der christlichen Kirchen erkennen die Mormonen nicht an. Die HLT kennt zwei Priestertümer, das einfache „aaronische“ und das höhere „melchizedekische Priestertum“.
In den Gemeindehäusern der Mormonen finden die sonntäglichen Gottesdienste statt. Diese Gemeindehäuser stehen auch Nicht-Mormonen offen. Daneben haben die Mormonen Tempel als „besondere Heiligtümer“. Nur Mormonen, die einen „Tempelschein“ vorweisen können, haben Zutritt zum Tempel. Dort werden Rituale vollzogen, die geheim gehalten werden und über die Mormonen außerhalb des Tempels nicht sprechen dürfen. Dazu gehört die sog. Siegelung, eine Eheschließung, die auch nach dem Tod weiter besteht. In der Totentaufe können Mormonen stellvertretend sakrale Handlungen für bestimmte Verstorbene an sich vollziehen lassen. Auf diese Weise sollen auch die Menschen gerettet werden, die zu ihren Lebzeiten keine Möglichkeit hatten, mit der „wahren Kirche der Heiligen der letzten Tage" in Kontakt zu kommen.
Diese und andere Rituale gehören zum sog. Tempeldienst und dürfen auch nur dort vollzogen werden. Die geheimen Tempelrituale bilden eine Mischung aus altjüdischem Tempelkult, Esoterik, sowie magischen und freimaurerischen Elementen. Durch häufige Teilnahme an diesen Ritualen erfüllt der Mormone das "Werk". So steigt er zur „himmlischen Herrlichkeit" auf und kann schließlich den Status eines „Gottes" erreichen.