Edith Stein, Agnes Neuhaus und Madeleine Delbrel sind die Frauen, die mich in meiner beruflichen Karriere mit geprägt haben. Das Interesse an Edith Stein begann in meiner Zeit in der Hochschulgemeinde, die Faszination für Madeleine Delbrel in der Zeit der Trierer Bistumssynode und die Neugier auf die Person Agnes Neuhaus begleitet mich seit meinem Beginn als Geistliche Begleiterin des SkF (Sozialdienst katholischer Frauen).
Alle drei Frauen haben in ihrem Leben – als Frauen ihrer Zeit – außergewöhnliches geleistet. Die Jüdin Edith Stein promovierte in Philosophie bei Heidegger und starb als Karmelitin Sr. Teresia Benedicta a Cruce für ihr jüdisches Volk im KZ Auschwitz. Agnes Neuhaus gehörte zu den ersten Politikerinnen für die Zentrumspartei im Reichstag; sie wurde von der Gestapo überwacht und gründete gegen erhebliche Widerstände den Vorläufer des heutigen Sozialdienstes katholischer Frauen. Madeleine Delbrel, die „Mystikerin der Straße“, engagierte sich leidenschaftlich für sozial benachteiligte Menschen. In Ivry, der damals kommunistischsten Stadt von Frankreich gründete sie eine kleine christliche Gemeinschaft, deren Tür für alle offenstand.
Drei Frauen, die ihr Leben nach Lebens- und Denkwenden in die eigenen Hände genommen haben – mit einer gehörigen Portion Glaubensmut. Sie gaben damals und sie geben heute Gott ein (weibliches) Gesicht. Wer diese drei Frauen kennenlernt, lernt etwas von Gott kennen.
Mein gewählter Spruch „Gleichgestellt in die Zukunft“ stammt aus meiner Begegnung mit diesen drei Frauen. Während der Bistumssynode habe ich mich besonders für das Thema Geschlechtergerechtigkeit engagiert – und engagiere mich bis heute. Eine Aussage im Synoden-Beschluss ist mir besonders wichtig: Eine Kirche, die vom einzelnen Menschen her denkt, muss sich verabschieden von der Vorstellung, dass sie Lebensentwürfe als katholisch bzw. christlich definieren und standardisieren könnte und, dass sie beurteilen könnte, ob ein Leben gelungen oder gescheitert ist – und hier möchte ich ergänzen: insbesondere das Leben von Frauen und Männern in aller Vielfalt und Diversität. Ich habe mich u. a. für die Einrichtung einer Kommission Geschlechtergerechtigkeit eingesetzt; die soll Leitlinien zur Gleichstellung der Geschlechter entwickeln und Maßnahmen zu deren Verwirklichung konkretisieren.
Dazu passt auch mein Engagement im SkF. Der setzt sich ja ein für den Schutz vor Gewalt an Frauen und Kindern und für höhere Löhne in den sogenannten „Frauenberufen“, für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf besonders für alleinerziehende Frauen – und für wohnungs- und obdachlose Frauen und Kinder.
Ich bin überzeugt: Gleichstellung ist eine Aufgabe der katholischen Kirche und – auch für sie – eine existentielle Zukunftsfrage.